Kommentar: CSU und SPD auch auf lokaler Ebene die großen Verlierer
Unter den Kandidaten musste am Sonntag zweifelsohne der CSU-Bewerber Alois Rainer die höchsten Verluste hinnehmen – immerhin 13,61 Prozent, mehr als jeder andere Kandidat. Man könnte ja von einem Erdrutsch sprechen. Doch Vorsicht! Sein Ergebnis muss man differenzierter betrachten. Er verlor im Sog seiner Partei, der CSU. Denn die Zweitstimmen zeigen, dass nicht der Haibacher abgestraft wurde, sondern die CSU. Bei einem Minus von 15,9 Prozent seiner Partei (Zweitstimmen) im Wahlkreis wird deutlich, dass Rainer eigentlich sogar eher das Wohlwollen der Wähler für sich verbuchen konnte.
Zweiter Verlierer dieser Bundestagswahl ist unbestritten die SPD. Wenngleich sie immer wieder versuchte, ihre politische Arbeit in den letzten vier Jahren während der großen Koalition hervorzuheben, kam dies beim Wähler keineswegs an. Während die Sozialdemokraten bundesweit knapp über 20 Prozent liegen, unterschritten sie im Wahlkreis Straubing mit 13,66 Prozent den Bundesdurchschnitt aber gewaltig. Verwundert dies? Das Engagement der Sozialdemokraten in der Stadt Straubing (noch mehr) und im Landkreis Straubing-Bogen – dem direkten Umfeld der Kandidatin Johanna Uekermann – war die letzten Monate nahezu mit Null zu bewerten. Die SPD existiert nahezu nicht mehr. Die Kandidatin kann auch keinen Blumentopf gewinnen, wenn sie lediglich die Wanderschuhe schnürt und mit einer Handvoll Gleichgesinnter ein paar Meter die Natur nutzt, um ihre Vita zu präsentieren. Wahrscheinlich hatte sie schon das Handtuch geworfen (nach Aufstellung der Landesliste), ehe der Wahlkampf überhaupt startete.
Ein Nobody überraschte die Politikszene komplett. Wer kannte vorher schon Manfred Kleinschwärzer. Erst nachdem er sich nicht dem Duell mit seinem Mitbewerber Erhard Grundl (Die Grünen) stellte, kam sein Name etwas an die Öffentlichkeit. Null Erfahrung in der Kommunalpolitik – ganz zu schweigen von einer Präsenz in der großen Bundespolitik – stand er für die AfD auf dem Wahlzettel. Dass er lediglich vom bundesweiten Trend profitierte, zeigt das Erst- und Zweitergebnis der rechten Partei im Wahlkreis. Die AfD erzielte im Wahlkreis 18,39 Prozent, Kleinschwärzer blieb mit 15,04 Prozent deutlich drunter. Die Stimmen waren deshalb in erster Linie für die Partei und weniger für den Kandidaten bestimmt.
Ich habe mir Einzelergebnisse in den Wahlbezirken der Stadt Straubing angesehen. Dabei viel auf, dass AfD- Kandidat und Partei – dort überdurchschnittlich Wähler fand, wo sozial schwächere Personen oder Menschen mit Migrationsgrund leben. Dr. Jörg Meuthen – Sprecher der AfD in Deutschland – stellte am Sonntagabend deutlich fest, dass seine Partei nichts gegen Personen mit Migrationshintergrund hätte. Klar: seine Partei hat ja auch entsprechend großzügig im russischen TV-Programm um Stimmen geworben. Russische Medien haben in den vergangenen Wochen immer wieder zugunsten der AfD berichtet. Twitter-Bots aus Russland sollen auch am Samstag und Sonntag noch zugunsten der AfD aktiv eingesetzt geworden sein. Mit Fake-News ist schon vor Monaten begonnen worden, Wähler mit russischen Wurzeln auf die rechte Spur zu bringen – sofern sie zur Wahl gehen.
Dann haben wir noch die FDP und den regionalen Kandidaten. Mathias Baur ist alles andere bekannt. Er profitiert – so wie sein Mitbewerber von der AfD – vom Trend seiner Partei. Der Lindner-Effekt kam ihm – siehe das Zweitstimmenergebnis – zugute. Programmmäßig hatte die FDP nicht so viel Neues zu bieten. Für viele Wähler war aber die FDP eine Alternative zur Union und zu den Sozialdemokraten – ein Mittelding. Und der Kandidat mitten drin.
Seit mehreren Perioden im Parlament: die Grünen. Einst als ökologisch ausgerichtete Partei haben sich die Programmakteure längst dazu hinreißen lassen, sich von ihren ursprünglichen Zielen abbringen zu lassen und sich zu einer Partei zu entwickeln, die es allen Recht machen will. Ökologische Prinzipien werden schon mal hinten angestellt, wenn wirtschaftliche oder populistische Interessen von Vorteil sein könnten. Ja, der Grünen-Wähler von einst macht das Kreuzchen inzwischen woanders. 4,56 Prozent der Zweitstimmen im Wahlkreis Straubing sind für die Grünen eigentlich ein Fiasko. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sie einen langjährigen Stadtrat und Bezirksvorsitzenden ins Rennen schickten. Erhard Grundl gilt keineswegs als jemand, den man in der Region nicht kennt. Dass er aber lediglich 0,34 Prozent mehr gegenüber der damals eher unbekannteren Kandidatin auf sich vereinen konnte, sollte zu denken geben, woran dies liegen könnte. Dass er jetzt dennoch den Einzug in den Bundestag schaffte, liegt ausschließlich an seiner Absicherung auf der Landesliste.
Ein Respektergebnis gelang dagegen dem Kandidaten der LINKEN. Der Straubinger Karl Ringlstetter kann keineswegs als Politprofi bezeichnet werden. Sein Engagement, aber auch das seiner Partei, ist in der Öffentlichkeit nahezu unscheinbar. Das eine oder andere Mal standen sie im „Mini“-Rampenlicht. Auch von einem Guerilla-Wahlkampf sind die LINKEN in der Region weit entfernt gewesen. Aber Ringlstetter konnte das Erststimmen von 2,5 auf 3,72 Prozent (plus 1,22 Prozent) erhöhen – seine Genossen das Parteiergebnis von 2,98 Prozent auf 4,36 Prozent = plus 1,38 Prozent. Da wäre wahrscheinlich bei ein wenig mehr Engagement noch mehr drin gewesen.
Bleibt noch der Kandidat der ÖDP. Für die Ökodemokraten war die Chance auf den Einzug in den Bundestag von Woche zu Woche geringer geworden. Es drehte sich ja alles um die rechte AfD. Die ÖDP hatte vor vier Jahren nur 1,75 Prozent – weit entfernt von der Fünf-Prozent-Klausel. Wie groß hätte der Einsatz sein müssen, nur annähernd an die Marke zu gelangen, in den Bundestag einziehen zu können? Enorm ist untertrieben! Dabei sein, das regionale Engagement nicht unter ihrem Wert zu verkaufen, bedeutet für die Ökodemokraten, auch bei der Bundestagswahl einen Kandidaten ins Rennen zu schicken. Dr. Michael Röder hat ein zweites Mal diese Tortur mit chancenlosem Einsatz auf sich genommen.
Dass die kleineren Parteien minimal zugelegt haben, wird weder die Sitzverteilung, noch den Ablauf im Bundestag und die Demokratie in unserem Land gravierend erschüttern. Was wir durch den Einzug der AfD im Parlament in den nächsten Jahren erwarten werden, wird aber bestimmt nicht zum Vorteil der Bevölkerung sein. Aus den Erfahrungen der Landtage, in denen die AfD vertreten ist, wissen wir, dass die Rechten keineswegs produktiv – sondern vielmehr gegen den Staat und die Menschen – agieren. Hoffen wir, dass die demokratischen Hebel ausreichen, die AfD im Bundestag zu entlarven und dass Schaden vom deutschen Volke abgewendet werden kann.
Johann Haas