Ursula Erb liest im Alten Schlachthof „Ein deutsches Leben“
(ra) Vielen Menschen ist es vermutlich schon mal so gegangen – man erlebt das eine oder andere und stellt erst im Nachhinein fest, dass man ein kleiner Teil der Weltgeschichte geworden ist. Was aber, wenn das Erlebte Teil eines der größten Verbrechen der Menschheit gewesen ist. Ist es möglich, dass die Erkenntnis erst im Nachhinein reift? Kann man wirklich nicht mitbekommen haben, was um einen herum los war? Und hätte man nicht handeln müssen? Oder sich verweigern?
Mit diesen Fragen beschäftigen sich seit dem Ende des zweiten Weltkriegs Viele, die „dabei waren“. Eine davon war die Sekretärin Brunhilde Pomsel. Ihre Lebensgeschichte, „Ein deutsches Leben“, liest Kammerschauspielerin Ursula Erb am 13. Dezember im AnStattTheater im Alten Schlachthof.
Als über Hundertjährige erzählt Brunhilde Pomsel zum ersten Mal aus ihrem Leben. Sie wurde 1911 in Berlin geboren, Wilhelm II. war Kaiser, die Familie gehörte der Mittelschicht an. Ein ganz normales deutsches Leben. Eigentlich wollte sie Opernsängerin werden, aber ihre Eltern hielten nicht viel davon. Nach der Schule wurde sie Sekretärin und fand nach einigen Anstellungen in verschiedenen Firmen eine Stelle in der Abteilung Zeitfunk der Reichs-Rundfunkgesellschaft. Dafür musste sie in die NSPAP eintreten, auch wenn sie eigentlich politisch völlig uninteressiert war. Ab 1942 arbeitete sie als Sekretärin im Joseph Goebbels‘ Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Anders als Hitlers Sekretärin Traudl Junge war Brunhilde Pomsel niemals im Zentrum der Macht. Sie war ein kleines Rädchen im Getriebe und nahm Krieg und Diktatur von einem Randplatz aus wahr. Ihr Blick auf diese Zeit ist der Blick vieler ihrer Zeitgenossen, die Teil des Systems waren. Eine Mitläuferin, die aber über eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe verfügte.
Der britische Dramatiker Christopher Hampton bearbeitete Brunhilde Pomsels Geschichte 2019 für die Bühne zu einem Monolog, der den Zuschauer und -hörer durch seine Unmittelbarkeit Teil werden lässt an ihrem Leben in einer aus den Fugen geratenen Welt, und der uns auch heute noch die Frage stellt: Was hätte ich getan?
Die Lesung ist im Alten Schlachthof in Straubing nur am 13. Dezember um 19.30 Uhr zu hören. Karten gibt es beim Amt für Tourismus, Telefon 09421/94469199, und an der Abendkasse ab einer Stunde vor der Vorstellung zu kaufen. Es gilt der Straubing-Pass. Weitere Informationen und Bestellungen gegen Rechnungsversand unter www.theater-am-hagen.de und www.landestheater-niederbayern.de.