9. Juli 2024
Aus dem Gerichtssaal

Unbelehrbarer 44-Jähriger gibt Faustschlag gegen Polizisten zu – Entgeht Haftstrafe

(pw) „Er stand zeitweise Nasenspitze an Nasenspitze.“ So schilderte ein Polizeibeamter am Dienstag vor dem Amtsgericht einen Vorfall, der sich im Oktober vergangenen Jahres vor der Diskothek „Stars“ ereignet hatte. Für die Beamten war damals die Situation schwer einzuschätzen. „Wir wussten nicht, was der vorhat“, sagte der Polizist als Zeuge. Das besondere in diesem Fall: Der Angeklagte wurde unter anderem wegen tätlichem Angriffs auf Vollstreckungsbeamte vor den Richter zitiert. Dabei hatte er selbst gegen die Beamten Anzeige erstattet.

Der Polizeibeamte und seine drei Kollegen waren zur Diskothek hinbeordert worden, weil es auf der Tanzfläche eine Auseinandersetzung zwischen zwei Gästen gegeben hatte. Die Security-Mitarbeiter hatten die beiden Streithähne nach draußen befördert. Als die Beamten die Personalien des einen Mannes feststellen wollten, habe sich der 44-jährige Torsten N. (Name geändert) ständig eingemischt. Er folgte der mehrmaligen Aufforderung, Abstand zu halten, nicht. „Dann hatte ich seine Faust im Gesicht“, so der Zeuge und sofort sei seine Lippe angeschwollen. Die Streifenbeamten sahen keine andere Möglichkeit, als den aus Sachsen stammenden Mann, der sich nach wie vor heftig wehrte, zu Boden zu bringen und zu fesseln. „Wir haben ihm das angekündigt und durchgehend mit ihm gesprochen.“

Torsten N. kam der Vorfall jetzt teuer zu stehen: Der sächsische Handwerker wurde wegen des tätlichen Angriffs und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Sachbeschädigung sowie wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt. Das macht bei seinen Einkommensverhältnissen eine Summe von insgesamt 6.065 Euro aus.

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Dreist wie der Angeklagte damals war, hatte er seinerseits gegen die Polizeibeamten Strafanzeige und Dienstaufsichtsbeschwerde erstattet. Offensichtlich wurde ihm dies jetzt zum Verhängnis. Er habe „wider besseren Wissens“ ein behördliches Verfahren in Gang gesetzt, warf ihm der Anklagevertreter vor.

Vor Gericht beharrte Torsten N. zunächst auf seiner Sicht der Dinge. Die Polizisten hätten ihn ohne Vorankündigung gefesselt, die Handschellen seien viel zu eng gewesen. Außerdem habe er zeitweise keine Luft mehr bekommen, weil einer der Ordnungshüter auf seinem Rücken gekniet habe. Torsten N.s Verteidiger räumte ein, sein Mandant sei vielleicht „zu übermotiviert“ gewesen. Er habe den Beamten deutlich machen wollen, dass das Problem bereits geklärt sei und man keine Polizei brauche. Er sei dabei sicher „defensiv“ gewesen.

Eine völlig andere Sichtweise hatten freilich drei der beteiligten Polizeibeamten. Der Angeklagte sei „relativ laut und aufgebracht“ gewesen. Da der Mann nicht alkoholisiert gewesen sei, „hätte er alle Maßnahmen verstehen können“, so einer der Zeugen. Man habe ihn „zehnmal aufgefordert“, auf die Seite zu gehen, „aber er hat massiv gestört.“ Alle Zeugen betonten, keinesfalls habe jemand auf Torsten N.s Rücken gekniet. Und noch mehr: Er habe laut geschrien, „deshalb muss er auch Luft bekommen haben“, so der Beamte. Ein Kollege habe sich durch den heftigen Widerstand des Angeklagten so stark das Knie verdreht, dass er auch Monate später noch Beschwerden habe.

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Die Schilderungen der Polizisten vor Gericht brachten Torsten N. offenbar zum Umdenken. Sie halfen seinem Erinnerungsvermögen auf die Sprünge. Nach einer Verhandlungspause und Rücksprache mit seinem Verteidiger rang er sich zum Geständnis durch. „Wenn der Polizist das so sagt, dann stimmt das“, ließ er über seinen Anwalt den Faustschlag einräumen. Der Gesinnungswandel kam gerade noch rechtzeitig. Nach einem Rechtsgespräch zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung wurde ihm im Falle eines Geständnisses eine Geldstrafe in Aussicht gestellt. Ansonsten hätte Torsten N. mit einer Freiheitsstrafe rechnen müssen.

Der Widerruf der Vorwürfe gegenüber den Polizisten änderte jedoch nichts an der Verurteilung wegen falscher Verdächtigung. Die Verletzungen der Polizisten seien zwar leichterer Art gewesen, jedoch sei der Vorfall „von besonderer Intensität“ gewesen, so die Urteilsbegründung. Der Staatsanwalt wies darauf hin, dass ein Schlag ins Gesicht potenziell immer sehr gefährlich sei. Eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Polizisten sei in der heutigen Zeit, in der häufige Angriffe auf Einsatzkräfte verzeichnet würden, besonders kritisch zu betrachten. Torsten N.s Verteidiger sagte, sein Mandant hätte seine „Aufklärungswünsche falsch umgesetzt“, aber er sei wohl „in ein Fahrwasser der Emotionen geraten.“