28. März 2024
Landkreis Straubing-Bogen

Kreisausschuss bedauert: Die Anschaffung einer Gierseilfähre ist gestorben

(jh) Um es gleich vorweg zu nehmen: Es lag nicht an den Kreisräten, die sich schon Ende November vergangenen Jahres einstimmig für den Neubau einer Gierseilfähre für die Fährstelle Mariaposching-Stephansposching entschieden hatten. Am Montagnachmittag siegte im Sitzungssaal des Landratsamtes Straubing-Bogen die Vernunft. Und Landrat Josef Laumer gestand ein: „Wir hatten alle die rosarote Gierseilfährbrille auf.“ Beschlossen wurde stattdessen die Anschaffung einer frei fahrenden Motorfähre.

Aber Josef Laumer und die Verwaltung haben mittlerweile erkannt, dass es leichter ist „ein Auto zu kaufen, als eine Gierseilfähre“. Nach dem Unglück im Frühjahr vergangenen Jahres und der Gewissheit, dass die alte Fähre nicht mehr einsatzfähig und reparierbar ist,  war allen Mandatsträgern klar, dass eine Neuanschaffung erfolgen müsse. Und mit Kreistagsbeschluss vom 30. November waren auch die Wege dazu geebnet worden. Expertenbüros zur Planung und Ausschreibung von Fährkörper und Hochseilanlage wurden genauso beauftragt, wie Bodengutachter für die Fundamente, eine Anwaltskanzlei zur Begleitung einer EU-weiten Ausschreibung und ein anerkanntes Ingenierbüro für die Statik.

Die historische Gierseilfähre – Foto: Haas (Archiv)

Die Verbindung zwischen den beiden Orten Mariaposching und Stephansposching sollte den „Anforderungen“ einer Kreisstraße angepasst werden: U. a. sollte die Zuladung 20 Tonnen betragen (das schwerste Einzelfahrzeug 10 Tonnen) – also auch ein Traktor mit LKW-Anhänger. Um diese Vorgaben erfüllen zu können, wäre eine Gierseilfähre mit einem Fährkörper von 20 Meter Länge und  6,5 Meter Breite erforderlich. Hinzu kämen Landeklappen von zwei mal sechs Meter. Das Leergewicht würde bei einer solchen Fähre 54 Tonnen betragen und einen Tiefgang von 60 bis 70 Zentimeter bedeuten.

Wie Markus Fischer, der Leiter der Tiefbauabteilung am Landratsamt, erklärte, wäre es mit Ausbaggerungen im Bereich der Anlegestellen nicht abgetan gewesen. „Die ersten Berechnungen der Expertenbüros haben uns alle überrascht“, räumte er ein, denn für die Hochseilanlage mit einer Spannweite von gut 300 Meter wären die notwendigen baulichen Maßnahmen enorm: Erheblich auswirken würden sich die Abspannfundamente, die auf beiden Uferseiten die Größe einer Doppelhaushälfte einnehmen würden (zehn Meter mal sechs Meter mal 1,6 Meter). Unabhängig von dem Ausmaß dieses Betonblockes müsste im Falle von Mariaposching auch ein Kanal verlegt werden.

Hinzu kämen Mastfundamente und seitliche Abspannfundamente mit einer Größe von zum Teil 15 Kubikmeter. Auch die Anschaffung eines neuen Gierseiles (20 mm – bisher 8 mm) und eines Hochseiles (32 mm – bisher 16 mm) übertrafen die ersten Planungen.

Die Auswertungen der Strömungsgeschwindigkeit an der Fährstelle ergab, dass für den Bau einer Gierseilfähre gemäß den geltenden Vorschriften keine optimalen Bedingungen vorliegen, um den Fährbetrieb an möglichst vielen Tagen im Jahr aufrecht halten zu können. Gerade im Hinblick auf einen nicht unerheblichen Ostwindeinfluss und bei geringerer Strömung, aber auch aus Sicherheitsgründen, wäre der Einbau von Hilfsantrieben notwendig.

Wie Landrat Josef Laumer berichtete, sei vor 16 Jahren in Deutschland die letzte Gierseilfähre in Betrieb genommen worden. Inzwischen hätten sich die technischen und rechtlichen Anforderung erheblich verändert – wichtig nicht nur unter dem Sicherheitsaspekt, sondern auch in Bezug auf die Förderfähigkeit (50 Prozent), die bei diesen Anschaffungskosten keine unwesentliche Rolle spielt.

Kostenschätzung

Die Fähre selbst würde nach aktuellen Berechnungen knapp über eine Million Euro kosten. Für die Hochseilanlage wären gute 350.000 Euro notwendig. An Nebenkosten würden 100.000 Euro zu Buche schlagen. In der Summe: 1,46 Millionen Euro. Im Vergleich dazu eine Motorwagenfähre: 1,11 Millionen Euro.

Nachdem bei diesem Projekt auch der Landkreis Deggendorf involviert ist, war auch dessen Entscheidung vergangene Woche zu berücksichtigen. Der Nachbarlandkreis hätte sich an der Wunschvariante lediglich mit 200.000 Euro beteiligt, bei der Motorwagenfähre liegt der Anteil aus Deggendorf bei knapp über 300.000 Euro.

Aufgrund der Kostenentwicklung – frühere Schätzungen waren weit geringer – sowie der Tatsache, dass die mit Hilfsmotoren geplante Fähre auch ohne Hochseilanlage betrieben werden könnte, hatte Tiefbauamtsleiter Markus Fischer auf die Möglichkeit eines Verzichts der Gierseiltechnik hingewiesen.

Alternative Varianten, wie die Reduzierung der Nutzlast oder die Verkleinerung des Fährkörpers wurden von den Vertretern der Expertenbüros so beantwortet: Eine Reduzierung der Beladung von 20 auf 15 bzw 12 Tonnen würde bei der Hochseilanlage eine Kostenreduzierung von etwa einem Prozent bzw. drei Prozent bringen. Eine Verkürzung des Fährkörpers sei aus Sicherheitsgründen nicht zum empfehlen. Im Raum stand zudem, dass bei einer kleineren Variante die Förderfähigkeit riskiert werden könnte.

Es waren also die erheblich höheren Kosten, die Anforderung, dass die Fähre an möglichst vielen Tagen im Jahr in Betrieb sein soll, und der ohnehin notwendige Einsatz von Hilfsantrieben, die den Kreisausschuss dazu bewogen, auf den Neubau einer Hochseilanlage zu verzichten und eine frei fahrende Motorfähre anzuschaffen. Der Beschluss ist zwar nur eine Empfehlung an den Kreistag, nachdem er aber einstimmig beschlossen wurde, dürfte der Kreistag zu keiner anderen Entscheidung kommen.