Wie das Dasein als Pflegeeltern das Leben kinderloser Paare bereichert
(ra) Auch wenn der Landkreis Landshut eine erfreuliche Ausnahme bildet – die Geburtenrate hat in Deutschland in den vergangenen Jahren stagniert, eine echte Trendwende lässt noch auf sich warten. Entscheiden sich viele Paare bewusst gegen Nachwuchs, wünschen sich andere Paare nichts sehnlicher als eigene Kinder. Es können die unterschiedlichsten Ursachen sein, die den Kinderwunsch unerfüllt lassen; doch eine Adoption ist mit vielen Hindernissen und langen Wartezeiten verbunden, die auch keine Garantie geben, dass sich der Traum von der eigenen Familie schlussendlich doch noch bewahrheitet.
Neben der Adoption ist die Aufnahme eines Pflegekindes ein Modell, das zwar bei weitem nicht so bekannt ist, dennoch aber die große Möglichkeit eröffnet, doch noch zu einer Familie zu werden. Auch homosexuellen Paare steht dieser Weg in jedem Fall offen. Im Landkreis Landshut haben auf diesem Weg bereits Familien zusammen gefunden, ihnen wurde so ihr „größtes Glück geschenkt“, wie ein Paar berichtet.
Trotz zahlreicher Behandlungen, Untersuchungen, künstlicher Befruchtung und Hormontherapien – der große Wunsch nach dem eigenen Kind wurde einem Paar aus dem nördlichen Landkreis nicht erfüllt. Nachdem sie auf das Kreisjugendamt herangetreten waren, um sich über eine mögliche Adoption zu informieren, wurden sie erstmals auf das Thema Pflegekinder aufmerksam.
Die Bewerbung
Nach ausführlichen Gesprächen mit den Mitarbeitern des Pflegekinderdienstes am Kreisjugendamt hat sich das Paar entschieden, sich als Pflegefamilie zu bewerben. Dieser Bewerbungsprozess dauert in der Regel einige Monate, beinhaltet ein zweitägiges Bewerberseminar, den Besuch des Paares zuhause und ein Auswertungsgespräch. Dies hilft den angehenden Eltern sich auf ihre Rolle vorzubereiten – und die Pflegebewerber sollten zu diesem Zeitpunkt auch ehrlich zu sich selbst sein: Wie alt sollte das Kind in etwa sein? Kommen wir damit klar, wenn das Kind geistig oder körperlich beeinträchtigt sein sollte? Sind wir bereit, dass auch die Herkunftsfamilie künftig eine Rolle im Leben des Kindes spielen wird?
Nicht zuletzt stammen die Kinder aus schwierigen Verhältnissen – Gründe für die Herausnahme aus den Familien können unter anderem Verwahrlosung, körperliche oder seelische Misshandlung sein, aber auch Übergriffe unterschiedlichster Art, Suchtprobleme oder eine psychische Erkrankung der Eltern. Trotz dieser Vorkommnisse haben die leiblichen Eltern und Pflegekinder das Anrecht auf einen regelmäßigen Kontakt untereinander, auch eine Rückführung ist denkbar, sollten sie die Verhältnisse in den Herkunftsfamilien stabilisieren, sodass das Kindeswohl nicht mehr gefährdet ist.
Familie muss zum Kind passen
Nach einer „erfolgreichen“ Bewerbung kann im Vorhinein aber niemand prognostizieren, wann genau und ob dann tatsächlich ein Kind zu den Pflegebewerbern kommt: „Eine Familie muss zum Kind passen“, lautet das bewährte Credo des Kreisjugendamtes in diesen Fällen. Und dann geht es doch ganz schnell – ein Anruf von den Mitarbeitern des Pflegekinderwesens und die Entscheidung, die ein Leben verändern kann.
Und plötzlich sind sie Eltern – ohne die neunmonatige Vorbereitungszeit, die mit einer Schwangerschaft einhergeht. Das stellt natürlich auch vor organisatorische Herausforderungen. Je nach Alter des Kindes müssen Kinderbett, Wiege, Kinderwagen, Autositz und nicht zuletzt Kleidung, Spielzeug und Hygieneartikel parat stehen. „Da haben wir innerhalb weniger Tage alles beschafft, wofür andere Eltern Monate Zeit haben. Aber unsere Familien und Freunde haben uns wirklich toll unterstützt.“ Auch der Arbeitgeber muss informiert werden. Denn bei Beginn einer Pflegschaft greift ebenfalls die gesetzliche Elternzeit, in der Regel wird einer der Partner eine längere Auszeit vom Berufsleben nehmen, wie bei einer Familiengründung üblich.
Wie bei jeder anderen Familie auch
Auch ohne eine intensive Kennenlernphase, wie es eine Schwangerschaft ermöglicht: Elternliebe, Zusammengehörigkeitsgefühl und Beschützerinstinkt – all dies war aber von der ersten Sekunde an da, erzählen die Pflegeeltern. Schon bald hatte sich der Alltag als Familie eingestellt – in den Kindergarten bringen, Arzttermine wahrnehmen, zwischendurch das verschwundene Lieblings-Kuscheltier suchen, Vorlesen einer Gute-Nacht-Geschichte zum Einschlafen: Wie bei jeder anderen Familie auch, trotz unterschiedlicher Nachnamen. Für die Pflegeeltern zählt aber nur eines: „Dieser Anruf hat unser Leben verändert, hat uns zu einer Familie gemacht. Wir sind unendlich dankbar für unser Kind, unser größtes Geschenk.“
Das Kreisjugendamt am Landratsamt Landshut ist stets auf der Suche nach Familien, die eines oder mehrere Pflegekinder bei sich aufnehmen würden und sich so der verantwortungsvollen und erfüllenden Aufgabe widmen, den Kindern, die am meisten ihrer Hilfe und Fürsorge bedürfen, ein liebevolles Umfeld zu geben. Nähere Informationen finden Sie unter www.pflegekinder-landshut.de. Das Team des Pflegekinderwesens am Kreisjugendamt steht auch gerne telefonisch unter 0871/408-4942, -4945, -4948, -4950 oder -4952 zur Verfügung.