Europawahl zeigt: Auch im Landkreis Straubing-Bogen breitet sich der braune Sumpf aus
Ja, die Wahlbeteiligung näherte sich am Sonntag dem bundesdeutschen Durchschnitt. Für die Region hat die CSU auch ein respektables Ergebnis eingefahren. Ein Fiasko für die Freien Wähler, die Grünen und erst recht für die SPD. Stattdessen wird der Landkreis Straubing-Bogen – wie auch die Stadt Straubinger – immer brauner. Die AfD hat eindeutig das zweitstärkste Stimmenpotential – in einem Landkreis, der bei den Arbeitslosenzahlen kaum eine Rolle spielt.
„Der Landkreis Straubing-Bogen steht glänzend da.“ Kaum ein Politiker in der Region lässt eine Gelegenheit aus, diese Aussage zu wiederholen. Ja! In der Tat sind die Arbeitslosenzahlen kaum nennenswert. Da muss es doch den Menschen gut gehen!? Und dennoch laufen immerhin mindestens elf Prozent den Rechtspopulisten nach und wählen mit 10,57 Prozent die rechtsradikale Partei AfD. Mindestens elf Prozent deswegen, weil ja bei einer Wahlbeteiligung von 58,84 Prozent immerhin mehr als ein Drittel nicht zur Wahl ging – warum auch.
Bei der Bundestagswahl 2017 hatte die CSU 44,14 Prozent erhalten. Dass die Christsozialen jetzt bei der Europawahl 58,72 Prozent bekamen, ist ausschließlich auf den lokalen Kandidaten Manfred Weber zurückzuführen. Wenngleich der Lokalpatriotismus noch besser hätte aussehen können. Immerhin ein respektables Ergebnis.
Dagegen mussten die FDP – und erst recht die SPD – ein Fiasko hinnehmen. Die Freien Wähler bekamen wohl im Gegensatz zur Bundestagswahl ein paar Stimmen mehr – von 5,46 Prozent auf 5,92 Prozent. Die FDP sackte von 8,3 Prozent auf 1,77 Prozent ab. Da hatte sie sogar die ÖDP mit 3,74 Prozent mehr als doppelt überholt.
Die Grünen lagen bei der Bundestagswahl im Landkreis Straubing-Bogen bei 4,32 Prozent. Am Sonntag verbesserten sie sich auf 7,88 Prozent – keineswegs zu vergleichen mit dem Ergebnis in der Stadt Straubing oder auf Bundesebene. Im Landkreis werden die Grünen sogar dich gefolgt von der ÖDP.
Was soll man zur SPD sagen? Die 150-jährige, einstige Arbeiterpartei hat auch im Landkreis Straubing-Bogen bei den Wählern an Bedeutung verloren. Lediglich 4,44 Prozent haben ihnen ihre Stimme gegeben. Es liegt wohl am desolaten Zustand der Partei, aber sicherlich auch am fehlenden Aktionismus in der Region, dass die Sozialdemokraten überhaupt noch beim Wähler beachtet werden.
Die Wähler der SPD sind keineswegs nach Links abgewandert. Denn noch bei der Bundestagswahl hatte DIE LINKE einen Stimmenanteil von 3,58 Prozent. Am Sonntag mussten sich die Linken mit 1,22 Prozent begnügen. Im linken Spektrum – sofern die SPD überhaupt noch dazu gezählt werden kann – war die Europawahl in den vergangenen Wochen und Monaten kaum vorhanden. Die Quittung haben ihnen die Wähler am Sonntag verabreicht. Die SPD verliert seit Jahren bei sämtlichen Wahlen an Stimmen (und auch im kommunalen Bereich an Sitzen).
Ja, die CSU konnte bei der Europawahl mobilisieren. Das liegt aber ausschließlich an der Person des Spitzenkandidaten Manfred Weber. Denn von einem politischen Programm hat niemand wirklich gesprochen. „Manfred Weber – der nächste Präsident der Europäischen Union“. Das war die auf Patriotismus ausgerichtete Kernaussage des Wahlkampfes der Union. Mehr nicht! Gerade unter diesem Aspekt hätte die Wahlbeteiligung über dem bundesdeutschen Schnitt liegen müssen. Hat sie aber nicht. Ergo: Der Lokalmatador hat selbst in seiner Heimatregion Niederbayern nicht den gewünschten Effekt erzielen können.
Was offensichtlich bei den Wählern gezählt hat, waren die plumpen populistischen Sprüche der rechten Rattenfänger, denen die etablierten Parteien nichts entgegen gesetzt haben. Dabei hätten sie genügend Möglichkeiten gehabt. Genutzt haben sie es nicht! Stattdessen konnte sich die AfD als zweitstärkste Kraft festigen. Nachdem aber die rechte Partei bei der Bundestagswahl 17,13 Prozent der Zweitstimmen erzielte und jetzt am Sonntag auf „nur noch“ 10,57 Prozent kam, kann sie auf das zweitstärkste Wählerpotential zählen. Die Abwanderer (über sechs Prozent) dürften sicherlich auch bei der CSU gelandet sein, die sich im Gegensatz zur Bundestagswahl auf ein Plus von über 14 Prozent freuen konnte.
Dass die CSU bei dieser (!) Wahl wieder Stimmen von der AfD zurückholen konnte, liegt also keineswegs am Programm. Es ist einzig auf den Kandidaten Manfred Weber zurückzuführen. Was also werden die nächsten Wahlen bringen. Schon seit der Bundestagswahl 2017 dominiert die AfD im Landkreis an zweiter Stelle. Breitet sich der braune Sumpf bei den nächsten Wahlen noch stärker aus? Die Geschichte – sofern sie in der Schule überhaupt noch unterrichtet wird – ist für sie nicht mehr interessant. Aus der Geschichte gelernt zu haben? Das kann man also heute von vielen Zeitgenossen nicht mehr erwarten. Das Niveau ist tief gesunken. Was nur noch zählt, das sind populistische Sprüche der Rattenfänger.
Johann Haas