Ein psychologischer Amoklauf? – Zeugen zeigen ein anderes Bild des Angeklagten auf
(jh) Ist ein 50-jähriger Handwerker aus Straubing mit sich selbst nicht mehr zurecht gekommen oder steckt mehr hinter einer Attacke, die er im August vergangenen Jahres auf dem Parkplatz des „Toilettenweihers“ bei Parkstetten gegen drei Personen führte. Er war auf sie mit Vollgas zugefahren. Diese sprangen rechtzeitig zur Seite und entgingen dadurch dem Tod. Der Handwerker Robert K. (Name geändert) will dies als Suizidversuch abtun. Die Zeugen, die am Dienstag bei der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Regensburg aussagten, zeigten den Angeklagten in einem etwas anderem Bild.
Die Staatsanwaltschaft legt dem Straubinger Handwerker zur Land, im August vergangenen Jahres versucht zu haben, einen mindestens einen anderen Menschen zu töten. Aussagen von Zeugen zufolge könnte es sich um drei Personen handeln, denen der Handwerker Robert K. nach dem Leben trachtete. Nachdem es sich um die von K. ins Ziel geratenen Personen um Männer mit polnischer Staatsangehörigkeit handelt und er bei diversen Äußerungen auf Vorwürfe gegenüber Ausländern hinwies, könnte auch noch der Tatbestand der Volksverhetzung und eines Mordversuchs in drei Fällen eine Rolle spielen.
Dass Robert K. auf dem Parkplatz bei Parkstetten auf ein anderes Fahrzeug zufuhr und dieses rammte, dies räumte der Angeklagte ein. Dann aber verwies er auf Erinnerungslücken. Zeugen sollten Licht in diese Lücken bringen. Und sie taten es auch:
Sehr viel wusste ein Polizeibeamter, der als erste mit an den Unfallort gekommen war. „Er hat erst bis zu zehn Minuten seinen Frust abgelassen“, erinnerte sich der Polizist. Dabei habe Robert K. nicht nur gegen die drei polnischen Staatsbürger, sondern auch gegen das „System in Deutschland“ und gegen Flüchtlinge geschimpft haben. „Mit dem Staat könne es so nicht mehr weitergehen“, erinnerte sich der Zeuge vernommen zu haben. In seinem Monolog habe der Angeklagte auch über seinen Suizidversuch gesprochen und dass er es erneut nicht geschafft habe, sein Leben zu beenden. Dabei wollte er sterben und noch „die drei Polen mitnehmen“.
Der Polizeibeamte hatte gemeinsam mit Kollegen nicht nur drei Abschiedsbriefe im Fahrzeug gefunden. Auch zwei Schnapsflaschen und Bierdosen befanden sich im Auto. Ein anderer Kollege errinnerte sich im Zeugenstand, dass der Angeklagte „Kraftausdrücke“ gegen Ausländer gebraucht habe. Für ihn sei klar gewesen, dass er an diesem Tag Personen töten wollte.
Ähnliches nahmen auch zwei weitere Zeugen wahr. Ein 57-jähriger Mann und seine 52-jährige Begleiterin hatten den Zusammenstoß der Fahrzeuge akustisch mitgekommen und waren sofort an die Unfallstelle geeilt. Während der Mann zunächst sofort die Polizei informierte, kümmerte sich die Frau um Robert K., der anfänglich in seinem Wagen saß. Der Airbag hatte Schlimmeres verhindert. Beide erinnerten sich, dass der Angeklagte eine Flasche Kräuterschnaps in der Hand gehalten hatte. „Er war aufgelöst“, war ihr erster Eindruck. Auch habe er auf „alles Mögliche geschimpft“ – auf Ausländer, auf die Arbeit und dass er finanziell am Ende sei.
Bis die erste Polizeistreife eintraf konnten beide Ersthelfer den Unfallverursacher ersteinmal beruhigen. Insbesondere die Frau konnte sich erinnern, dass der Angeklagte geäußert hatte, Schulden zu haben und er „lieber verreckt sei“. Außerdem seien die „Kanacken“ schuld. An seinem Sprechen habe sie erkannt, dass der Fahrer getrunken hatte.
Aus Polen war einer der drei im Fokus des 50-jährigen Straubingers gestandenen Zielpersonen zum Prozess angereist. „Ich war dabei, Brote für das Frühstück zu belegen“, führte er aus, als der Angeklagte erstmals auf sie zugekommen sei. „Er hat gefragt, woher wir kommen“. Nachdem Robert K. erfahren hatte, dass es sich um polnische Staatsbürger handelte, fuhr er eine unbestimmte Strecke zurück, wendete und kam dann mit vollem Karacho auf sie zugefahren. Einer der drei schrie die anderen beiden Männer an „haut ab, passt auf, lauft weg“. Und schon prallte der Kleintransporter von Robert K. in die Frontpartie des Fahrzeugs der polnischen Männer – ebenfalls ein Transporter. „Unser Fahrzeug wurde etwa 10 bis 13 Meter zurückgeschoben“, erinnerte sich der Zeuge, der im ersten Augenblick auch völlig erstarrt gewesen sei. In seinem Kopf tauchten die schrecklichen Bilder der Amokläufe in Berlin und Paris auf. Sollte er und seine beiden Begleiter ebenfalls Opfer eines Attentats werden?
Dass Ausländer in der Tatabsicht des Straubingers eine Rolle gespielt haben dürfte, dies soll auch eine Anmerkung im letzten Abschiedsbrief des Angeklagten dokumentiert sein. Diese soll er zwischen der persönliche Ansprache der drei polnischen Männer und der anschließenden Attacke auf sie bzw. auf deren Fahrzeug verfasst worden sein.
Der Prozess geht am Donnerstag weiter.