DIE LINKE-Bundesvorsitzender in Straubing am Mahnmal der Opfer des Nationalsozialismus
(ra) Der Bundesvorsitzende der Partei DIE LINKE, Bernd Riexinger, informierte sich am Dienstag in Straubing über die Situation in sozialen Einrichtungen. Auf dem Programm steht eine Führung durch die Behinderteneinrichtung der Barmherzigen Brüder in der Äußeren Passauer Straße sowie eine Besichtigung des auf dem Gelände befindlichen Mahnmals im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus mit und ohne Behinderungen. Riexinger forderte eine Aufwertung sozialer Berufe und warf CSU sowie AfD vor, Menschenfeindlichkeit zu schüren.

Wohin Hass und die Geringschätzung von Menschenrechten führen können, zeigt sich auch in Straubings Geschichte. Bei den Barmherzigen Brüdern in Straubing fielen Menschen mit Behinderung der Aktion T4 zum Opfer. „Aktion T4“ ist eine nach 1945 gebräuchlich gewordene Bezeichnung für die systematische Ermordung von mehr als 70.000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen in Deutschland von 1939 bis 1945 unter Leitung der Zentraldienststelle T4. Diese Ermordungen waren Teil der Krankenmorde mit über 200.000 Opfern in der Zeit des Nationalsozialismus.

Vor dem Mahnmal im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus mit und ohne Behinderungen erinnerte Karl Ringlstetter, Straubinger Direktkandidat für den Landtag an dieses düstere Kapitel der Straubinger Geschichte. Sich zu erinnern und achtsam zu sein ist gerade jetzt dringender denn je. „Die Abwertung von Menschen, die anders sind, nimmt aktuell wieder zu“, bedauert Ringlstetter und erhält Zustimmung vom Bundesvorsitzenden seiner Partei.
„Die Geringschätzung von vermeintlich unproduktiven, andersartigen Menschen gehört zur neoliberalen Logik. Menschen sind nur etwas wert, wenn sie nützlich sind“, kritisierte Riexinger. Der aktuelle Rechtsruck in der Gesellschaft sei die Frucht dieser Ideologie und werde von CSU und AfD bewusst befeuert. Beide würden durch ständige Grenzverschiebung den Konsens aller Demokraten brechen, die Werteordnung des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung mit Füßen treten. Die unverständlichen und hetzerischen Äußerungen von Innenminister Seehofer kommentierte Riexinger mit den Worten: „Dass er immer noch im Amt ist, ist mir unverständlich“. Hier seien alle Demokraten von konservativ bis links gefordert, klare Kante zu zeigen.
Schwäbische Charmoffensive
Berührungsängste mit den Bewohnern hatte Riexinger ebenso wenig wie diese. Neugierig, wer durch die Einrichtung spaziert, begrüßte etwa Zorica den Besucher mit einem jugoslawischen Lied. Angesichts des hörbaren Dialekts von Riexinger schwenkte sie gleich auf „Muss i denn zum Städtele hinaus“ um. Der Politiker lacht und streichelt Zorica über den Kopf, die darauf vergnügt weiterzieht.
Riexinger und Ringlstetter brachen daher auch eine Lanze für die Inklusion. „Es ist wichtig“, meint Riexinger, „dass Kinder früh Menschen mit Behinderung kennenlernen.“ Der unbefangene Umgang von Kindern sei die beste Garantie für eine Gesellschaft, die alle Menschen in ihrer Einzigartigkeit akzeptiert. Voraussetzung hierfür sei allerdings ein pädagogisches Konzept und eine ausreichende Betreuung der Kinder. Hier scheitere Inklusion leider oft an knappen finanziellen und personellen Ressourcen.
Werkstätten stehen unter Druck

Das zeigt sich auch beim Besuch der Werkstätten für behinderte Menschen. Voller Stolz zeigen die dort beschäftigten Menschen den Besuchern ihre Arbeit. Kartonagen falten, Infomappen zusammenstellen, Schokolade verpacken – man spürt, wie wichtig es den Menschen dort ist, etwas zu leisten. Auch von den Betreuern erhält Riexinger klare Botschaften. Auf die Frage, was denn die Politik für sie tun könne, antwortet die Ergotherapeutin Tanita Gabahka ohne lange nachzudenken: „Mehr Personal.“
An zweiter Stelle folgt mehr Urlaub, denn die Arbeit in den Werkstätten sei schön, koste aber Kraft. Die Möglichkeit Energie aufzutanken sei daher mindestens so wichtig, wie eine bessere Entlohnung. Profitieren würden davon nicht nur die Beschäftigten im sozialen Bereich erläutert Ringlstetter: „Für die Werkstätten wird es zunehmend schwieriger, ihrem Auftrag nachzukommen, die Menschen dort für den regulären Arbeitsmarkt und die Teilhabe an der Gesellschaft zu fördern.“
Ein knappes Budget und zunehmender ökonomischer Druck durch Billigkonkurrenz und die Digitalisierung bereiten den Werkstätten in ganz Deutschland Kopfzerbrechen. Riexinger fordert daher neben der allgemeinen Aufwertung sozialer Berufe eine verlässliche Finanzierung der Werkstätten. Auch wenn der Mindestlohn hier nicht gelte, müsse den Werkstätten für behinderte Menschen ermöglicht werden, den Menschen dort eine wertschätzende Entlohnung für ihre Arbeit zukommen zu lassen. Denn, so Riexinger: „Teilhabe in Würde ist kein Kostenfaktor, sondern eine Bereicherung für unsere Gesellschaft.“
Und Ringlstetter fügt an: „Die Achtsamkeit und das lebendige Miteinander, das in sozialen Einrichtungen immer wieder sichtbar wird, ist ein großartiges Beispiel, von dem die gesamte Gesellschaft lernen kann.“ Vor allem auch jungen Menschen möchte er ans Herz legen, sich diese Erfahrung nicht entgehen zu lassen und die Möglichkeit von Sozialpraktika oder einem sozialen Jahr zu nutzen.