Landkreis stellt Seniorenpolitisches Gesamtkonzept vor
(ra) Nach neun Monaten intensiver Arbeit, zwei Workshops und einer umfangreichen Bürgerbefragung konnte am Montagabend das 91 Seiten starke Seniorenpolitische Gesamtkonzept (kurz SEPO) für den Landkreis Landshut im Sitzungssaal des Landratsamts vorgestellt werden. Neben interessanten Erkenntnissen aus der Bürgerbefragung bietet es allen Verantwortlichen in der Seniorenarbeit Handlungsempfehlungen, um den Herausforderungen des demographischen Wandels entgegnen zu können. Nun liegt es an den Akteuren vor Ort, diese Vorschläge in der Praxis umzusetzen.

Wie Landrat Peter Dreier betonte, sei die Ausgangslage im Landkreis Landshut klar: In den nächsten 20 Jahren wird die Landkreisbevölkerung noch einmal um 15.000 wachsen, zugleich nimmt in diesem Zeitraum die Zahl der über 65-jährigen um 60 Prozent zu. „Deshalb freut es mich, dass sich so viele ehren- und hauptamtlich Tätige an der Erarbeitung dieses Konzepts beteiligt haben“, sagte Dreier mit Blick in den vollbesetzten Sitzungssaal. Denn nur gemeinsam könne man daran arbeiten, auch in Zukunft beste Chancen für alle Generationen bieten zu können.
Prof. Dr. Markus Lemberger von der Fachhochschule Erding begleitete die Erarbeitung des SEPO und hatte eingangs seiner Ausführungen gleich ein Lob für alle Beteiligten parat. Während man in anderen Regionen das Konzept von einem externen Büro erarbeiten ließ, kommen im Landkreis Landshut alle Ideen von den Beteiligten selbst. „Das SEPO für den Landkreis ist aus der eigenen Kompetenz und Ideenkraft gewachsen und bringt deshalb besonders aufschlussreiche Erkenntnisse“, so Lemberger. Zunächst habe man ermittelt, wie es bisher um die Seniorenarbeit in der Region bestellt ist und dabei auch die Erkenntnisse aus der Initiative Bildungsregion, der LEADER-Bewerbung und des SEPO der Stadt Landshut einfließen lassen. In zwei moderierten Workshops zu den Themen „Versorgung vor Ort“ und „Pflege und Gesundheit“ brachten insgesamt 70 Teilnehmer ihr Fachwissen und ihre Erfahrungen ein und entwickelten konkrete Ideen. Eine breit angelegte Haushaltsbefragung mit einem erfreulichen Rücklauf von 2600 Fragebögen lieferte weitere Erkenntnisse. Dabei fragte man bewusst die Wohn- und Lebenssituation der Generation bereits ab 50 Jahren ab. „Das SEPO soll langfristig angelegt sein und auch Bedürfnisse der Personengruppen einbeziehen, die erst in 15 Jahren ins Seniorenalter kommen“, so Lemberger.
Bei den Fragen nach der Wohnqualität der älteren Generation zeichnete sich ein erfreuliches Bild ab. Zugleich wurde aber der Nachholbedarf im Bereich der Barrierefreiheit deutlich. Über 77 Prozent der Befragten waren mit der Größe ihrer Wohnung zufrieden und über 56 Prozent gefällt die Gestaltung ihres Wohnumfeldes in der Gemeinde. Zugleich wünschten sich jedoch 54 Prozent der Befragten mehr öffentliche Sitzgelegenheiten und für rund 32 Prozent stellt sich das Angebot von barrierefreien Wohnungen als nicht zufriedenstellend dar. Ähnlich sehen es die Befragten mit bezahlbarem Wohnraum – hier sind nur gut 30 Prozent mit dem Angebot zufrieden. Als typisch für den ländlichen Raum bezeichnete Lemberger die Ergebnisse bei der Wohndauer. Über die Hälfte der Befragten wohnt zwischen 21 und 50 Jahren in einer Wohnung und 81 Prozent leben in den eigenen vier Wänden. Dabei stammt ein Drittel der bewohnten Häuser aus den siebziger Jahren, was besonders im Hinblick auf Barrierefreiheit einen hohen Investitionsbedarf für die Zukunft bedeuten könne. Denn knapp 43 Prozent der Befragten wollen auf jeden Fall auch im Alter in ihrer Wohnung bleiben.
Beim Thema Mobilität zeigt sich, dass die Senioren überwiegend (knapp 87 Prozent) auf das eigenen Auto setzen, während 42 Prozent mit dem ÖPNV-Angebot nicht zufrieden sind. Auch diese Werte seien laut Lemberger für eine ländlich geprägte Region nicht überraschend. Besonders viele Senioren setzen auf die Unterstützung und Hilfsbereitschaft in ihrem Wohnumfeld. Über 57 Prozent sind damit zufrieden und 70 Prozent schätzen die Hilfsbereitschaft in der Nachbarschaft als sehr hoch ein. Allerdings sind nur 30 Prozent mit konkreten Beratungsangeboten für Senioren zufrieden. Nachholbedarf sehen die Befragten auch bei den Einkaufsmöglichkeiten für Gebrauchsgüter. Die Ergebnisse zur eigenen Wohnsituation spiegeln sich auch bei den Antworten zu Pflegeangeboten wieder. So wollen über 81 Prozent in der eigenen Wohnung gepflegt werden und nur für gut 8 Prozent kommt betreutes Wohnen in Frage. Bei den Freizeitaktivitäten werden besonders die Angebote der kirchlichen Träger und Sportvereine gut bewertet, während sich die Senioren im kulturellen Bereich mehr wünschen würden. Bei den wichtigsten Informationsquellen nennen die Befragten an erster Stelle die Tageszeitung, gefolgt von Lokalfernsehen und Radio.
Aus den gewonnenen Erkenntnissen gelte es laut Lemberger nun, vor Ort konkrete Maßnahmen zu entwickeln. Das SEPO gibt dazu erste Anstöße und Vorschläge: So solle die Seniorenarbeit personell aufgewertet werden, um die vorhandenen Strukturen ausbauen zu können. In den Gemeinden sollen Generationen-Treffs entstehen und auch Seniorennachmittage in Kindergärten wären denkbar. Zur Verbesserung der Mobilität und Versorgungssituation könne man eine Mitfahrzentrale für Senioren einrichten. Um ehrenamtliches Engagement in der Seniorenarbeit zu fördern, wäre eine spezielle Ehrenamtskarte für diesen Kreis eine Möglichkeit. Um das Thema barrierefreies Bauen besser ins Bewusstsein zu rufen, soll eine breite Imagekampagne angelegt werden. Um den Bereich Gesundheit und Pflege zu stärken, soll mit einer Grundversorgungsstudie der Bedarf für die Zukunft ermittelt werden. Zudem sollen Altersmediziner und Pflegeeinrichtungen in einem Netzwerk zusammenarbeiten. Zur Deckung des Fachkräftebedarfs im sozialen Sektor soll aktive Imagearbeit für dieses Berufsfeld betrieben werden.
Landrat Dreier betonte abschließend, dass auf Grundlage des SEPO die Arbeit nun erst beginne. Bei der Vorstellung des Konzepts im Kreisausschuss habe es bereits gute Signale für eine bessere personelle Ausstattung der Seniorenarbeit gegeben. „Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass sich die Menschen bei uns wohl fühlen und so lange wie möglich zu Hause leben wollen. Dies möglich zu machen muss unser gemeinsames Ziel sein“, so Dreier.