Sankt Englmar wehrt sich gegen Abschaffung des Pfingstmontag als Feiertag
(ra) Einen Feiertag opfern für die Wirtschaft? Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft sieht darin eine Chance. Auch Wolfram Hatz, Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), schlägt vor: „Mehr arbeiten, weniger Feiertage.“ Besonders die folgenden kirchlichen Feiertage sind für ihn zumindest fragwürdig: Ostermontag, Pfingstmontag, 2. Weihnachtsfeiertag. Der Gemeinderat von Sankt Englmar zeigte am Donnerstag Protest. Immerhin ist das Bergdorf kirchlich und kulturell insbesondere mit dem Pfingstmontag sehr verbunden.

Gemeinsam mit Bürgermeister Anton Piermeier (CSU) beschloss der Gemeinderat, einen Offenen Briefs gegen die geplante Abschaffung des Pfingstmontags als Feiertag zu veröffentlichen. Außerdem wird dieser Brief an die zuständigen Abgeordneten sowie an die zuständigen Bundesministerien versendet. Darin heißt es:
„Mit großer Sorge und Befremden verfolgen wir die aktuellen Diskussionen über die mögliche Streichung gesetzlicher Feiertage, insbesondere des Pfingstmontags, zur Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität. Als Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinde Sankt Englmar möchten wir eindringlich auf die weitreichenden kulturellen und gesellschaftlichen Konsequenzen eines solchen Schrittes hinweisen.
Der Pfingstmontag ist in vielen Regionen Bayerns, ganz besonders aber für unsere Gemeinde nicht nur ein gesetzlicher Feiertag, sondern der höchste Ortsfeiertag: Es ist der Tag des Englmarisuchens, eines traditionsreichen religiösen Schauspiels, das die Legende und das Gedenken an unseren Ortspatron Engelmar lebendig hält. Diese Veranstaltung ist tief in der Identität unserer Gemeinde verwurzelt, ist seit 2020 Immaterielles Kulturerbe Bayerns und wurde 2023 in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Beides sind Auszeichnungen, die das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat selbst mit Stolz begleitet hat.
Das Englmarisuchen zieht jährlich zahlreiche Besucherinnen und Besucher an, stärkt das Gemeinschaftsgefühl sowie den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserer Region. Eine Abschaffung des Pfingstmontags würde also nicht nur diese bedeutende Tradition gefährden, sondern auch einen Verlust an kultureller Vielfalt und regionaler Identität bedeuten.
Daneben ist es auch ein bedeutender Faktor für den Tourismusstandort Sankt Englmar, dem zweitstärksten Tourismusort im Bayerischen Wald. Pfingsten ist für unsere örtliche Gastronomie, Hotellerie und den Einzelhandel ein zentraler Umsatzbringer. Ein Wegfall dieses Feiertags würde sich nicht nur kulturell, sondern auch wirtschaftlich nachteilig auswirken – in einer Region, die maßgeblich vom Tourismus lebt.
Zudem möchten wir betonen, dass Bayern bereits heute zu den produktivsten Bundesländern Deutschlands zählt. Laut aktuellen Daten liegt das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen in Bayern bei rund 100.280 Euro – ein Spitzenwert, weit über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Dies belegt, dass unsere wirtschaftliche Stärke nicht im Widerspruch zur Pflege kultureller Werte steht.
Wir appellieren daher an Sie, sich für den Erhalt des Pfingstmontags als Feiertag einzusetzen und damit ein klares Zeichen für den Schutz unseres kulturellen Erbes und der regionalen Identität zu setzen. Mit einem solchen Schritt schützen Sie nicht nur ein jahrhundertealtes Kulturgut, sondern stärken auch den ländlichen Raum, den Tourismusstandort Bayerischer Wald und die kulturelle Vielfalt unseres Landes. Kulturelle Vielfalt und wirtschaftliche Stärke schließen sich nicht aus – im Gegenteil, sie ergänzen sich und machen unsere Gesellschaft lebendig und resilient.
Im Namen der Gemeinde Sankt Englmar, ihrer Bürgerinnen und Bürger sowie der vielen Ehrenamtlichen, Vereine und Trägergruppen des Immateriellen Kulturerbes, die jedes Jahr mit Herzblut für den Fortbestand des Englmarisuchens arbeiten: Schützen Sie den Pfingstmontag!“