Landkreis Deggendorf

Pflegefachkraft selbst erkrankt – Macht Ausbildung zur Epilepsie-Fach-Assistentin

(ra) Heute ist der Europäische Tag der Epilepsie. Die Epilepsie ist eine der häufigsten chronischen neurologischen Erkrankungen. Ungefähr ein Prozent der deutschen Bevölkerung ist von der Erkrankung betroffen und zirka fünf bis zehn Prozent aller Menschen erleiden zumindest einmalig im Leben einen epileptischen Anfall. Maria-Theresia Jungbauer (37), Gesundheits- und Krankenpflegerin auf der Normalstation im Neurologischen Zentrum in Mainkofen, ist eine von ihnen.

Maria-Theresia Jungbauer – Epileptikerin wird Epilepsie-Fach-Assistentin (EFA) – Foto: Bezirksklinikum Mainkofen/Sandra Steinhauser

Maria-Theresia Jungbauer hat vor fünf Jahren die Diagnose Epilepsie bekommen und möchte anderen Betroffenen auf diesem Weg Mut machen. Trotz der Diagnose kann Jungbauer ein nahezu normales Leben führen. Und sie hat sich dazu entschieden, eine Ausbildung zur Epilepsie-Fach-Assistentin (EFA) zu machen, um ihre Patienten künftig noch fachkundiger beraten und unterstützen zu können.

Der 20. Januar vor fünf Jahren bleibt Maria-Theresia Jungbauer vermutlich ihr ganzes Leben in Erinnerung. In der Nacht zuvor hatte sie ihren ersten Krampfanfall. Ihr Mann hat ihn erlebt, sie selbst kann sich nicht erinnern. „Ich bin erst wach geworden, als der Notarzt bei mir vor dem Bett gekniet hat. Es war ein ganz klassischer Krampfanfall, unter anderem mit Zungenbiss. Bei der Diagnostik in der Klinik ist die Epilepsie dann sofort bestätigt worden.“

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Schlafentzugs-EEG bestätigt Diagnose

Die Diagnostik umfasste eine körperliche Untersuchung und ein Standard-EEG (Elektroenzephalografie / Messung der Hirnströme). In der Nacht nach dem Anfall ist Maria-Theresia Jungbauer auf Schlafentzug gesetzt worden. Bei dem Schlafentzugs-EEG am nächsten Morgen wurde die Diagnose nochmals bestätigt, bereits nach vier Minuten ist bei ihr eine Auffälligkeit beobachtet worden.

Dr. med. Maximilian Habs, Oberarzt am Neurologischen Zentrum und Epileptologe (DGfE), MHBA, erklärt: „Schlafentzug wird von manchen ärztlichen Kollegen oft als einfache Erklärung für einen epileptischen Anfall herangezogen, ohne dass der Sache weiter nachgegangen wird. Doch typischerweise liegt einem Anfall, der im Zusammenhang mit Schlafmangel oder Schlafentzug auftritt, tatsächlich eine Epilepsie zugrunde.“

Maria-Theresia Jungbauer hat während des Schlafentzugs zudem eine epigastrische Aura bemerkt, „ein komisches Wärme-Kälte-Gefühl vom Magen aufsteigend zum Kopf und wieder runter, welches mehrere Sekunden bis Minuten andauert.“ Im Nachhinein hatte sie die Aura schon viele Jahre, konnte diese jedoch nicht richtig einordnen.

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Gesunder Lebensstil mit ausreichend Schlaf sehr wichtig

Seit der Diagnose ist Maria-Theresia Jungbauer mit Medikamenten eingestellt und nimmt die Tabletten jeden Morgen und jeden Abend pünktlich um acht Uhr. „Ich komme damit zum Glück sehr gut zurecht und habe seitdem keinen Anfall mehr gehabt.“ Neben der Medikamentierung ist ein gesunder Lebensstil entscheidend, um mit der Krankheit gut leben zu können. Dazu zählt eine gute Schlafhygiene mit regelmäßigem Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung.

Im Schichtdienst ist eine gute Schlafhygiene eine besondere Herausforderung. „Ich mache Früh- und Spätdienst. Aber ich mache nicht heute Spätdienst und morgen Frühdienst, darauf wird bei der Dienstplanung sehr geachtet. Nachtdienste mache ich gar keine.“ Für diese Rücksichtnahme der Kollegen ist Maria-Theresia Jungbauer sehr dankbar, denn sonst könnte sie den Beruf auf Station nicht ausüben. Sie hatte sich vor gut zwei Jahren mit der Erkrankung in Mainkofen beworben, und seit Antreten der Stelle werden die besonderen Umstände der Erkrankung bei der Erstellung des Dienstplans berücksichtigt.

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Hilfe durch die Epilepsie Beratung Niederbayern

Insgesamt führt Maria-Theresia Jungbauer auch mit der Erkrankung ein relativ normales Leben. „In dem Moment der Diagnose bricht natürlich die Welt zusammen. Vor allem dann, wenn man von dem einjährigen Fahrverbot erfährt, das man nach einem Anfall bekommt.

Fahrverbot im ländlichen Raum ist ganz schlimm. Aber dank der Unterstützung meiner Familie und meines Umfelds war es schließlich gar keine so große Veränderung.“ Sehr viel Unterstützung hat sie auch von Ulrike Jungwirth von der Epilepsie Beratung Niederbayern bekommen. „Sie hört einem zu, nimmt deine Sorgen ernst und bietet Hilfen an, an die man selbst gar nicht denkt. Sie weiß auf jede Frage eine Antwort und hat mir unter anderem geraten, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Ich würde jedem empfehlen, sich an Ulrike Jungwirth oder an andere Beratungsstelle zu wenden. Denn es treten im Alltag immer wieder Fragen und Unklarheiten auf, für die man Hilfe benötigt.“

Auch Angehörige können sich an die Epilepsieberatung wenden. Jungbauers Ehemann hat dieses Angebot in Anspruch genommen und konnte hier viele alltägliche Fragen klären, die sich aus Sicht eines Angehörigen stellen. „Das war für uns alle in der Familie hilfreich, denn er hat mich dann auch wieder besser verstanden. Wir können es nur jedem empfehlen.“

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Ausbildung zur Epilepsie-Fach-Assistentin (EFA)

Seit Anfang 2024 macht Maria-Theresia Jungbauer ihre Ausbildung zur Epilepsie-Fach-Assistentin (EFA). Diese absolviert sie blockweise im Epilepsiezentrum in Bielefeld, Ende März findet der letzte Block mit der Abschlussprüfung statt. Mit dieser Qualifikation ist die 37-Jährige auf der Station erste Ansprechpartnerin für die Epilepsie-Patienten und auch für die Kollegen, an die sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen gerne weitergibt. „Dieses Thema liegt mir persönlich einfach sehr am Herzen. Deshalb finde ich es sehr wichtig, dass auch der richtige Umgang mit der Krankheit und das Verständnis dafür vermittelt wird. Ich möchte den Patienten Mut machen und kann das durch meine eigene Geschichte gut vermitteln.

Das Leben geht weiter, auch mit der Diagnose Epilepsie.“

Dr. Maximilian Habs ergänzt: „Die Geschichte von Frau Jungbauer ist ein wunderschönes Beispiel dafür, wie Menschen mit dieser Erkrankung umgehen und gleichzeitig anderen Betroffenen helfen können. Solche Geschichten inspirieren und motivieren. Die Expertise einer Epilepsie-Fach-Assistentin ist für unser Neurologisches Zentrum von unschätzbarem Wert und trägt zu einer besseren Behandlung von Epilepsiepatienten bei.“

Infokasten Epilepsie-Behandlung am Neurologischen Zentrum in Mainkofen
Im Neurologischen Zentrum am Bezirksklinikum Mainkofen wird die komplette Bandbreite der EEG-Diagnostik angeboten, um die Erkrankung präzise zu diagnostizieren. Dazu zählen hochauflösende, digitale simultane Video-EEG-Aufzeichnungen, Aktivierungsmethoden wie Fotostimulation und Hyperventilation sowie Schlaf-EEGs. Weitere Informationen zur neurologischen Funktionsdiagnostik sind auf der Website des Bezirksklinikums zu finden: https://www.mainkofen.de/neurologie/
Das Bezirksklinikum Mainkofen bietet in Zusammenarbeit mit der Epilepsie Beratung Niederbayern monatlich einen Außensprechtag in der neurologischen Ambulanz in Mainkofen an. Hier erhalten Betroffene und Angehörige nach voriger Terminvereinbarung kompetente Beratung und Unterstützung im Umgang mit der Erkrankung. Die genauen Termine sind über die Homepage der Epilepsieberatung Niederbayern einsehbar: https://epilepsieberatung-bayern.de/passau-landshut/