Landkreis Straubing-Bogen

Bernhard Suttner zu seiner Streitschrift: „Verzicht darf kein Tabu sein“

(mr) Der ÖDP-Kreisverband Straubing-Bogen bot am Dienstag im Pfarrheim Haindling eine Autorenlesung an. Der langjährige ÖDP-Landesvorsitzende Bernhard Suttner hatte vor einem Jahr zusammen Agnes Becker und Tobias Ruff eine „Streitschrift“ unter dem Titel „Wir haben genug!“ im Münchner Ökom-Verlag herausgebracht.

Der Auto Bernhard Suttner betonte, dass es das Anliegen der drei Autoren gewesen sei, das Thema Verzicht „aus der Tabuzone zu holen“. Zur Lösung der drängenden Probleme wie Klimagefahr, Artensterben und Armut in vielen Ländern der Erde seien mittlerweile sehr gute neue Technologien verfügbar. Erneuerbare Energien und ökologische Verfahren in Landwirtschaft und bei der Gewinnung nachwachsender Rohstoffe seien Hoffnungszeichen. Das alleine genüge aber nicht, meinte der Referent: „Wir haben nicht nur ein Technologieproblem, sondern auch ein Mengenproblem, weil ein Teil der Menschheit viel zu viel verbraucht und verschwendet, während andere hungern, das Klima immer instabiler wird und ein bedrohliches Sterben der Arten stattfindet.“

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Für Suttner gilt, dass man sich damit anfreunden müsse, das „verlorene rechte Maß“ wieder gelten zu lassen und den Zugriff auf Ressourcen aller Art zu begrenzen. Maßlosigkeit bei Genuss, Konsum und Aneignung von Räumen und Gütern aller Art werde in allen Kulturen und Religionen der Menschheit verurteilt. „Fatalerweise funktioniert unser derzeitiges Wirtschaftssystem aber nur dann, wenn Genügsamkeit als verächtlich gilt und der rasche Konsum in großen Mengen ständig ansteigt“ meinte Suttner. Dabei mache „der Lauf im Hamsterrad von Anschaffung und Wegwerfen“ niemanden glücklich und gefährde gleichzeitig die Lebensgrundlagen des Menschen. Es sei Aufgabe demokratischer Politik, den Märkten sinnvolle Rahmensetzungen vorzugeben. In diesem Zusammenhang plädiere die Streitschrift in einem eigenen Kapitel für „klare Ordnungspolitik“ statt immer nur an die Freiwilligkeit zu appellieren.

Besonders wichtig war dem Referenten das Einleitungskapitel der Schrift, in der die drei Autoren verschiedene Arten von Verzicht definieren: So gebe es den oft in der Fastenzeit praktizierten zeitlich begrenzten Verzicht auf einzelne Dinge wie Alkohol, Süßigkeiten oder Medienkonsum. Auch der Verzicht auf aktuelle Ausgaben, „um auf eine größere Anschaffung anzusparen“ sei in bürgerlichen Kreisen immer geübt worden. Bei diesen Verzichten gehe es immer um das Eigeninteresse der handelnden Person. Entscheidend sei aber zur Lösung der aktuellen Probleme die ethisch höher stehende Verzichtsart, die auf das Wohl anderer gerichtet ist: „Wer bei Eintritt einer Schwangerschaft auf Alkohol und Nikotin verzichtet, tut das zum Schutz des ungeborenen Kindes.“

In ähnlicher Weise seien wir heute lebenden Menschen aufgerufen, den noch nicht geborenen Generationen durch Verzicht auf schädliches Verhalten gute Lebensmöglichkeiten zu sichern. Suttner erinnerte an das wichtige Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz, in dem die Karlsruher Richter schärfere Maßnahmen einforderten, weil der vernachlässigte Klimaschutz die Freiheitsrechte künftiger Generationen gefährdet. „Wer heute die Zeichen der Zeit ignoriert und sich weigert, Verhaltenskorrekturen, Verzicht auf das Übermaß und sozialökologisch sinnvolle Vorschriften wie zum Beipiel ein Tempolimit zu akzeptieren, schädigt die Lebensgrundlagen für alle nachfolgenden Generationen.“