28. März 2024
Bayern

Gewalt gegen Lehrer – Betroffene fühlen sich allein

(ra) Gewalt in der Schule ist ein Thema, das Lehrkräfte sehr beschäftigt und mit dem sie auch immer wieder konfrontiert werden. Egal, ob es um körperliche oder psychische Gewalt geht. Das Thema wird allerdings tabuisiert – diese Auffassung teilt weit über die Hälfte aller befragten Lehrkräfte, die sich an der forsa-Studie „Gewalt gegen Lehrer“ beteiligt haben.

Die repräsentative Studie, die der Dachverband des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), der Verband Bildung und Erziehung (VBE), in Auftrag gegeben hat, wurde im Herbst deutschlandweit unter knapp 2000 Lehrkräften durchgeführt, rund 500 davon kommen aus Bayern. Wie die Auswertung für Bayern zeigt, kommen harte Fälle von körperlicher Gewalt an bayerischen Schulen eher selten vor, psychische und verbale Aggressionen dagegen finden häufig statt. So geben 55 Prozent der Lehrkräfte an, dass es solche Fälle an ihren Schulen gibt.

BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann sieht daher auch keinen Grund für Entwarnung: „Viele Kolleginnen und Kollegen fühlen sich allein gelassen.“ Aus der Studie gehe klar hervor, dass sie sich mehr Unterstützung und professionelle Maßnahmen zur Gewaltprävention wünschen. 22 Prozent Prozent sagen, dass sich Regierung und Ministerium nicht „ausreichend um das Thema Gewalt gegen Lehrkräfte kümmern“ würden. Fleischmann forderte den Dienstherren auf, seine Aufgaben zu erfüllen und für eine ausreichende Sicherheit aller Lehrkräfte zu sorgen.
Psychische und verbale Gewalt gegen Lehrkräfte geht nicht nur von Schülern aus (52 Prozent), sondern auch von Eltern (59 Prozent). Nachweislich steigen die Fallzahlen in diesem Bereich in der Rechtsabteilung des BLLV deutlich an. „Das ist beunruhigend“, sagte Fleischmann, „denn Schule lebt von guter Atmosphäre und gelungenem Austausch aller am Schulleben Beteiligten.“

Erfahrungen mit körperlicher Misshandlung, zum Beispiel schlagen, schütteln, stoßen, treten, boxen, mit Gegenständen werfen, an den Haaren ziehen, mit den Fäusten oder Gegenständen prügeln haben vier Prozent aller befragten Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen in Bayern machen müssen – das wären hochgerechnet rund 4000 Personen. „Auf den ersten Blick ist das keine alarmierend hohe Prozentzahl, aber dennoch eine Zahl, über die wir nicht einfach hinweg sehen können“, betonte die BLLV-Präsidentin. „Für die Betroffenen kann diese Erfahrung eine lebenslange Belastung sein. Daher ist jeder einzelne Fall einer zu viel.“

Relativ neu ist das Phänomen des Cybermobbings an den Schulen. „Die Folgen sind hier noch gar nicht absehbar“, so Fleischmann. Die Ergebnisse der Studie deuteten darauf hin, dass das Problem an den Schulen virulent sei: So geben 34 Prozent der befragten Lehrkräfte an, Vorfälle mit Cybermobbing an ihrer Schule beobachtet zu haben.
„Körperliche oder physische Gewalt haben an den Schulen nichts verloren“, stellte Fleischmann klar. Sie bekräftigte daher die Forderungen der befragten Lehrerinnen und Lehrer nach multiprofessionellen Teams – diese halten 65 Prozent für sehr wichtig. 55 Prozent wünschen sich verbesserte Kooperationsmöglichkeiten mit externen Partnern. Aus Sicht Fleischmann brauchen Lehrkräfte darüber hinaus auch deutlich mehr Zeit und ausreichende Ressourcen, um mit den Schülern/innen über das Thema Gewalt sprechen zu können, schulische Richtlinien zu entwickeln und spezifische Projektwochen zum Thema Gewalt durchführen zu können. Ziel müsse die gewaltfreie Lösung von Konflikten sein.

Fleischmann erinnerte an das Manifest: HALTUNG ZÄHLT. Sie hatte es Anfang September in München vorgestellt und darin auch auf die Verrohung der Sprache und des Umgangs hingewiesen: „Die Verrohung von Sprache und des Umgangs miteinander in der Gesellschaft wirken sich auch auf Kinder, Jugendliche und auf die Schulen aus. Es gilt, dagegen Haltung zu zeigen.“