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20. April 2024
Region Landshut

Geschlossene psychiatrische Stationen abschaffen?

(ra) Wenn sich Menschen in einer akuten psychiatrischen Krise befinden, können Situationen entstehen, in denen sie sich selber und/oder andere gefährden. In diesen Fällen kann ein Richter nach PsychKG oder Betreuungsrecht die Unterbringung in einer stationären Psychiatrie veranlassen. Ein Fachvortrag „Offene Psychiatrie“ findet am Mittwoch, 8. Februar im Seminarraum des Bezirkskrankenhauses Landshut statt und beginnt um 15 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Umgesetzt wird dieser Beschluss in den meisten Fällen durch Unterbringung auf einer geschlossenen Station. Diese Praxis ist über Jahrzehnte erprobt und scheint naheliegend zu sein. So naheliegend, dass es für die Forschung offensichtlich keine Notwendigkeit gab, eine ausreichende Datenbasis zu schaffen, die den Erfolg dieser Praxis belegen würde. Angehörigengruppen und Psychiatrie-Erfahrene fordern schon seit langer Zeit, die Praxis der geschlossenen Stationen zu überprüfen. Dieser Forderung schließen sich vermehrt auch in der Psychiatrie Tätige an.

Einer von ihnen ist Prof. Dr. Karl H. Beine (Bild). Der Chefarzt einer Psychiatrie ist überzeugt, dass die verschlossenen Türen weniger ein Teil der Lösung als ein Teil des Problems sind: „Auslöser von Gewalt sind nicht selten die geschlossene Stationstür selbst und die restriktiv-autoritäre Verweigerung von Wünschen.“ Er begründet dies damit, dass beispielsweise Menschen, die von Suizidgedanken und -impulsen gequält werden, ganz besondere therapeutische Hilfe und Unterstützung benötigen. Vordringlich seien „Hilfe und Ermutigung, authentische und tragfähige therapeutische Begegnungen und ebenso kompetente wie hartnäckige psychotherapeutische Interventionen.“ Der Eindruck, der bei Patienten durch „zusätzliche strukturelle Machtdemonstrationen“ entstehe, sei stattdessen weitere Stigmatisierung, zusätzliche Einengung und die Resignation der behandelnden Ärzte und Therapeuten.

Prof. Beine: „Wenig in den Blick gerät dabei, dass die allermeisten Unterbringungsgesetze es längst der Krankenhauspsychiatrie überlassen, mit welchen Mitteln eine gerichtlich angeordnete Unterbringung mit Freiheitsentzug realisiert wird. Der Gesetzgeber schreibt die geschlossenen Stationen jedenfalls nicht vor.“ Anfang Februar wird Prof. Beine in einem Fachvortrag im Bezirkskrankenhaus Landshut seine langjährigen praktischen Erfahrungen, vorliegende Forschungsergebnisse und Alternativen zur gängigen Praxis vorstellen.

Prof. Dr. Karl H. Beine (65) ist Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Sankt-Marien-Hospital in Hamm und lehrt an der Universität Witten/Herdecke.